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Marktkommentar – Angriff auf die Ukraine

Nur wenige Tage nach der Anerkennung der abtrünnigen "Volksrepubliken" Luhansk und Donezk und der Anordnung, Truppen in die Ostukraine zu schicken, hat Russlands Präsident Wladimir Putin nun den Befehl zu einer groß angelegten Militärintervention in der Ukraine gegeben. Die USA, Großbritannien sowie die Europäische Union kündigten umgehend weitere Wirtschafts- und Finanzsanktionen gegen Russland an. Die Aktienmärkte reagieren mit Kursverlusten auf die gestiegene Unsicherheit, die Nervosität an den Finanzmärkten nimmt weiter zu. Doch welche Folgen hat Putins Kriegserklärung für die Wirtschaft und wie sollten Anleger reagieren? Hier eine Einordnung der aus unserer Sicht wichtigsten Aspekte.

Putin gibt Befehl zum Militäreinsatz

Der russische Präsident Wladimir Putin hat in der Nacht einen Militäreinsatz gegen die Ukraine zur „Selbstverteidigung Russlands“ angeordnet. Während Putin beteuert, keine breit angelegte Invasion zu planen, meldet die Ukraine hingegen Explosionen im ganzen Land und hat den Kriegszustand ausgerufen. Die Hoffnungen auf eine diplomatische Lösung des Ukraine-Konflikts wurden durch die einseitige Kriegserklärung endgültig zunichtegemacht. Diese Eskalation schürt die Angst vor negativen Konsequenzen für die Konjunktur, insbesondere in Europa. Schließlich haben die USA für den Fall eines Einmarsches bereits harte Sanktionen angekündigt, denen sich die europäischen Staaten anschließen dürften.

Folgen für die Wirtschaft

Das angekündigte Sanktionspaket dürfte die russische Wirtschaft empfindlich treffen und die internationale Isolation Russlands weiter verschärfen. Neben Handelsbeschränkungen, einem Exportverbot von Hightech-Komponenten, Restriktionen im internationalen Zahlungsverkehr (SWIFT) sowie einem Handelsverbot russischer Staatsanleihen dürften auch generelle Zugangsbeschränkungen zum US-Dollar als wichtigster internationaler Leitwährung auf der Sanktionsliste des Westens stehen. Die ökonomischen Kosten für Russland wären immens. So müsste das Land mit starken Kapitalabflüssen, einem wachsenden Druck auf seine Währung, einer steigenden Inflation, höheren Kreditkosten, einem wirtschaftlichen Einbruch sowie Rückgang seiner Produktionskapazität rechnen. 

Natürlich würde eine Spirale aus Sanktionen und Gegensanktionen auch die europäische Wirtschaft treffen. So dürften sich die Geschäftsklima-Indizes sowie das Verbrauchervertrauen kurzfristig eintrüben und die Wachstumsdynamik dämpfen. Langfristig sollten die Folgen für die europäische Wirtschaft allerdings begrenzt sein und sich kaum auf das Wachstum auswirken. So hat Russland als Absatzmarkt für europäische Produkte in den letzten Jahren stark an Bedeutung verloren. Dies zeigt sich besonders am Beispiel Deutschlands, der größten Industrie-Nation in Europa: 2021 gingen gerade einmal 1,9 Prozent aller deutschen Exporte nach Russland. Damit rangiert Russland in der Rangfolge der wichtigsten Handelspartner gerade einmal auf Platz 15 – hinter Ländern wie Polen, Belgien oder Ungarn. Heute erwirtschaftet Deutschland lediglich 0,7 Prozent – die Eurozone nur 0,6 Prozent – seines Bruttoinlandprodukts mit dem Verkauf von Waren an Russland. Das zeigt, dass die Bedeutung der russischen Wirtschaft für Europa in den vergangenen Jahren kontinuierlich gesunken ist. Auch die Weltwirtschaft dürfte ihren Wachstumskurs – trotz der Eskalation des Ukraine-Konflikts – in diesem Jahr fortsetzen. Wir erwarten ein globales Wirtschaftswachstum von rund 4 Prozent.

Kritischer zu sehen ist allerdings die Abhängigkeit Europas von russischen Öl- und Gaslieferungen. So liefert Russland rund 45 Prozent der gesamten Erdgasimporte der EU, bei Erdöl liegt der Anteil bei immerhin 27 Prozent. Sollte es hier zu Unterbrechungen kommen, dürften die Energiepreise noch einmal steigen und die Inflation weiter anheizen. Kurzfristig wäre ein Ausfall Russlands kaum zu kompensieren, auch wenn zusätzliche Lieferungen aus Norwegen, den USA oder Qatar zwischenzeitliche Engpässe lindern sollten. Europa würde aber versuchen, möglichst schnell unabhängig von russischen Energielieferungen zu werden, wodurch Russland zukünftig als Energielieferant komplett überflüssig würde. So wird das Pipeline-Projekt Nord Stream 2 angesichts der begonnenen Invasion nicht in Betrieb gehen – ein weiterer schwerer Schlag für Russlands Wirtschaft.

Auswirkungen auf die Geldpolitik

Was bedeutet die militärische Auseinandersetzung für die Geldpolitik? Hier muss zwischen der Geldpolitik in den USA und jener der Eurozone unterschieden werden. Die Europäische Zentralbank (EZB) dürfte angesichts der militärischen Konfrontation, trotz anhaltend hoher Inflationsraten in den kommenden Monaten, überaus vorsichtig agieren. Die Finanzmärkte hatten zuletzt mit einer ersten Zinserhöhung im dritten Quartal gerechnet; im Zuge der jüngsten Ereignisse dürfte ein erster Zinsschritt jedoch erst später erfolgen und die EZB könnte zunächst an ihrer expansiven Geldpolitik festhalten. Da die wirtschaftlichen Auswirkungen für die USA hingegen begrenzt sein sollten, dürfte die US-Notenbank an ihrem jüngst eingeschlagenen Kurs einer behutsamen monetären Straffung weiter festhalten. Marktseitig wird im März eine Anhebung des Leitzinses um 0,5 Prozent erwartet. Angesichts der Unsicherheit an den Kapitalmärkten, die durch den Krieg in der Ukraine nochmals zugenommen hat, scheint jedoch eine Zinsanhebung von lediglich 0,25 Prozent im März wahrscheinlicher. Weitere Zinsschritte dürften im Jahresverlauf folgen, wobei die Fed vermutlich auch hier behutsam agieren wird.

Zunehmende Nervosität an den Finanzmärkten

Angesichts der Vielzahl an Unwägbarkeiten hat die Nervosität an den Finanzmärkten zuletzt deutlich zugenommen. Wie lange diese die Börsen in Atem halten wird, hängt wohl ab vom weiteren Vorgehen des Westens, den Gegenmaßnahmen Russlands sowie dem tatsächlichen Ausmaß der kriegerischen Auseinandersetzung in der Ukraine. Die Schwankungsanfälligkeit der Märkte dürfte in den kommenden Wochen hoch bleiben. Wir empfehlen Anlegern – trotz der Eskalation – Ruhe zu bewahren und ihre langfristige Anlagestrategie nicht aus den Augen zu verlieren. Gerade in turbulenten Zeiten wie diesen gilt es, emotionale Entscheidungen, die in der Regel negative Auswirkungen auf die Wertentwicklung eines Portfolios haben, zu vermeiden. Auch ein Blick auf die Historie zeigt, dass kriegerische Auseinandersetzungen die Aktienmärkte zwar kurzfristig belastet, langfristig jedoch nicht aus der Bahn geworfen haben. Die Stimmung der Investoren hat sich in den letzten Wochen bereits stark eingetrübt – die Mehrzahl der Marktteilnehmer ist mittlerweile „bearish“, erwartet also weiter fallende Kurse. Die Anlegerstimmung ist allerdings häufig ein Kontra-Indikator und ein Indiz dafür, dass viele negative Faktoren in den Kursen bereits enthalten sind. Auch ein Blick auf die Markttechnik zeigt, dass sich die meisten Indizes bereits im „überverkauften“ Bereich befinden. Ob dies zu einer schnellen Trendwende führen wird, ist schwer vorhersehbar und bestimmt auch abhängig vom weiteren Verlauf der militärischen Konfrontation. Trotz aller Unwägbarkeiten und Turbulenzen gehen wir davon aus, dass sich die Aktienkurse mittelfristig wieder erholen werden. Solange es nicht zu einer gravierenden wirtschaftlichen Abschwächung kommt, sollten die nach wie vor steigenden Unternehmensgewinne und die zuletzt gesunkenen Bewertungen die Aktienmärkte fundamental stützen. Angesichts der zu erwartenden Schwankungsbreite wird es in den kommenden Wochen mehr denn je darauf ankommen, bei Anlageentscheidungen auf eine ausgewogene globale Streuung zu achten. Wir sind auch heute noch überzeugt, dass in einem Umfeld negativer Realzinsen langfristig kein Weg an einer – je nach Risikopräferenz – geeigneten Aktienquote vorbeiführt. Denn auf lange Sicht sind Aktien, allen zwischenzeitlichen Kursrückschlägen zum Trotz, die ertragreichste Anlageform für den erfolgreichen Vermögensaufbau – auch in stürmischen Zeiten wie diesen.

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